Verkehrte Welt Türkei- Wenn sich Politiker zu
Moralaposteln aufschwingen
Der türkische Ministerpräsident Erdogan hat es
faustdick hinter den Ohren. Seine Ausfälle haben mitunter negativen Kultstatus.
„Barbarei“ à la Hitler wirft er zum Beispiel den Israelis im Gaza-Konflikt vor.
Nun will Erdogan die Tugendhaftigkeit seiner Landsleute hervorheben und die Bedeutung
des Korans zum Status Quo erheben. Seine Bemühungen erscheinen in den Ohren
westlicher Würdenträger mehr als zweifelhaft. Der Bruch mit dem Kemalismus,
bewusste Abkehr vom Laizismus- jenes schwebt dem türkischen Ministerpräsidenten
vor. Als sei dies alles nicht genug,
fordern Erdogans Berater nun ein öffentliches Lachverbot für türkische Frauen!
Jene Forderungen sind eine Farce- lachhaft im wahrsten Sinne des Wortes, würden
es die türkischen Verantwortlichen es tatsächlich nicht ernst nehmen!
Lachen ist gesund und ein Anzeichen für
Glückseligkeit. Verschleierte Frauen sollen dem Wunsch Erdogans Berater Bülent
Arinc nach, nicht mehr öffentlich lachen dürfen, dies sei einfach nicht
tugendhaft. Ja, wo bitte kommen wir denn nun an? Im Mittelalter? Jedenfalls
steht im Koran nichts dergleichen, woran sich die Politiker ergötzen wollen.
Der Koran ist eine würdevolle Religion, die zuweilen falsch ausgelegt wird.
Dessen machen sich die türkischen Politiker zunutze, um ihre dummdreisten
Forderungen durchzusetzen. Wer den Koran falsch versteht, sollte gefälligst
schweigen!
Freie Meinungsäußerung hat in der Türkei keinen
hohen Stellenwert. Demnach habe Erdogan einflussreiche Web-Dienste wie
Facebook. Twitter und YouTube verbieten lassen wollen, da sie angeblich eine
Bedrohung für die innere Sicherheit darstellten. Allerdings sollte nicht
unerwähnt bleiben, dass jene Dienste dazu beigetragen haben ein schmieriges
Komplott um die Verstrickung Erdogans und dessen Sohn in dubiose Geldgeschäfte
zu offenbaren. Das war Erdogan offenbar ein Dorn im Auge, weshalb er jene Dienste auf
die schwarze Liste setzte, obgleich der Oberste Gerichtshof seine Petition im
Sande verlaufen ließ und das Verbot für ungültig erklärte.
Arinc geht sogar noch weiter: Seiner Ansicht nach, müsse
das öffentliche Telefonieren der Frauen unterbunden werden. Simple Plauderei
oder das Austauschen von Kochrezepten solle demnach per Gesetz verboten werden.
Wo sind die Türken angekommen, um ein solch prähistorisches Weltbild nach
außenzutragen? Das Groteske an der ganzen Angelegenheit ist die Tatsache, dass
dies alles ernstgemeint ist. Die Türkei will in die EU, wird aber mit solchen
Forderungen auf wenig Gegenliebe stoßen. Öffentliches Lachen und Telefonieren
zu verbieten ist makaber und wird in der westlichen Wertegemeinschaft rigoros
abgelehnt werden. Wer Menschen- und Frauenrechte mit Füßen tritt, kann nicht
auf Zustimmung stoßen.
Dass aus Erdogans Beraterstab fragwürdige Aussagen
getätigt werden, habe die Geschichte bereits eindeutig bewiesen. So habe sein
Berater Yigit Bulut darauf verwiesen, westliche Mächte hätten versucht das
türkische Oberhaupt telekinetisch (!) zu töten. Wer dies in jenem Lichte als
Witz auffassen wollte, wird nunmehr eines Besseren belehrt. Jene
Gesetzesvorhaben tun der Popularität Erdogans in der türkischen Bevölkerung
keinen Abbruch, stimmen sogar mit der durchwegs positiven öffentlichen Meinung
überein. Verkehrte Welt Türkei!
Unabhängig davon wie die westlichen Medien über ihn
berichten, Erdogan bleibt seiner bemitleidenswerten Linie treu: Der Verschmelzung
von Staat und Religion. Vielleicht habe er sich mit Putin solidarisiert, der
eigens eine enge Verbindung zur russisch-orthodoxen Kirche pflegt. Die Tendenz
scheidender Demokratien in Weißrussland, Russland und der Türkei sind
unverkennbar und tragen autoritäre Züge. Ganz klar wird Erdogans wohl als der
dümmste Ministerpräsident der Türkei in die Geschichte eingehen- und das ist
ganz augenfällig nicht zum Lachen!
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