Mittwoch, 22. April 2020

Politische Inkonsistenz in Israel


Inmitten der Corona-Krise zeichnet sich eine neue Regierungsbildung in Israel, mitunter alter Politfrontmänner ab: Der Likud-Block und das linksradikale Bündnis Blau-Weiss, um ihre Führer Benyamin Netanjahu und den Ex-Armeechef Benny Gantz einigten sich vorigen Montag auf eine Regierungsbildung in letzter Sekunde. Anlass hierfür, bot sich die anschwellende Pandemiewelle, mehr denn suggerierter Koalitionswille. Israel muss sich nunmehr neben der existenziellen Kriegsangst, dem grassierenden  Covid-19-Virus, auch einer ausschweifenden Rezession entgegenstellen.

Dass, das Regierungschaos nun überwunden zu sein scheint, möge keinen israelischen Bürger so recht ruhig stimmen. Zu viele Ungereimtheiten im Politapparat Netanjahus mehren sich, als dass von einer Beruhigung der Lage im Land zu sprechen sei. Der Politkompromiss, der ihm jetzt eine Pause, zwischen dem gegen ihn geführten Prozess wegen Untreue, Betruges und Bestechlichkeit garantiert, ist eine eigens hausgemachte Angelegenheit.

Netanjahu ist bereits angeklagt, die gegen ihn erbrachten Straftaten begangen zu haben; als innehabender israelischer Ministerpräsident ist er vor der Strafverfolgung aber zeitweilig sicher. Fakt ist aber, dass er die Regierung nicht allein, sondern einzig nur mit dem Armeeveteran Gantz übernimmt.

18 Monate präsidiert Netanjahu, danach übernimmt Gantz die Regierungsgeschäfte. Somit geht Netanjahu der Verpflichtung nach, sich den ordentlichen Gerichten zu stellen. Der Kompromiss scheint aber ein „fauler“ zu sein; denn Netanjahu kann die obersten Richter auf sein Geheiß ernennen und somit schließlich Einfluss auf den Prozess zu nehmen.

Dem israelischen Bürger wird diese Tatsache aber wohl bewusst vorenthalten und ein Weg aus der Krise suggeriert. Die Regierung, die eine handfeste Krise im Land vorbeugen wollte, einigte sich in einigen Kernpunkten: So sollen die nächsten sechs Monate zur Corona-Prävention- und Bekämpfung genutzt werden, um sich dann anderen Themen zu widmen. Die Notstandsgesetzgebung sieht aber auch den Trump-Plan, der international zu höchst umstrittenen Annexion des Westjordanlandes, vor.

Dabei dürfte keinem Beobachter entgehen, dass da weiteres Blutvergießen in spe geplant ist. Die israelische Armeeführung nimmt das bewusst billigend in Kauf; denn es geht um Ressourcen und Land, in Zeiten einer weltweit instabilen Wirtschaftslage. Dass, die Rezession auch Israel hart getroffen hat, erübrige sich der Erwähnung, was sich die derzeitige 26-prozentige Arbeitslosenquote beweise.

Der aufgeblähte Politpopanz zeige sich derzeitig in der Machtverteilung in der israelischen Knesset: So sollen, sowohl von Likud, als auch vom Bündnis Blau-Weiss aktuell 30 Minister und 16 Vizeminister installiert werden- später sei sogar von 36 Ministern die Rede. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit, kann so eine Tüchtigkeit vor dem Volk wohl kaum erklärt werden.

International stößt die Wiedereinsetzung Netanjahus, als Ministerpräsident auf kritische Stimmen. National werden Veränderungen zum Besseren wohl kaum zu erwarten sein, was der 16-seitige Koalitionsvertrag auch nicht andeuten lässt. Man könnte meinen, Netanjahu und Gantz wollten persönliche Motive bei der jetzigen Regierungskonstellation  hintenanstellen, um das Land nach vorne zu bringen; mehr als eine verantwortungsvolle Resignation vor Augen der Corona-Krise, scheine die Regierungsbildung aber nicht zu sein. Und sollten die Israelis angesichts der aufkommenden Verurteilung Netanjahus erneut wählen gehen, wäre es die vierte Wahl binnen kurzer Zeit und Gantz leidiger „Siegeszug“.

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